Verkehrsminister Wissing:Ein bisschen Geld für Radfahrer

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Bundesverkehrsminister Volker Wissing. (Foto: Carsten Koall/Getty Images)

Für den Bau von Fahrradparkhäusern an Bahnhöfen bewilligt FDP-Minister Wissing 110 Millionen Euro. Dabei hat sein Verkehrsministerium einen vielfach höheren Bedarf errechnet.

Von Kassian Stroh, Berlin

Für den Bundesverkehrsminister ist es ein Zeichen, dass er es ernst meint mit der Verkehrswende. "Viele Menschen würden Rad und Bahn häufiger nutzen, wenn sie ihr Fahrrad oder E-Bike am Bahnhof sicher abstellen könnten", sagt Volker Wissing (FDP). Insbesondere für Pendler, auch auf dem Land, sei es wichtig, dass "Rad und Bahn näher zusammenrücken". Und so hat er am Montag ein neues Förderprogramm des Bundes verkündet: Für die Planung oder den Bau von Fahrradparkhäusern an Bahnhöfen stellt er in den kommenden vier Jahren bis zu 110 Millionen Euro bereit.

Bei Umweltschützern und dem Koalitionspartner Grünen genießen Wissing und seine Partei nicht gerade den Ruf, sich allzu sehr für die Abkehr vom Auto zu engagieren; bei vielen Fragen kracht es da in der Ampelkoalition. Auch die Lobbyisten des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) bemängeln seit Langem, dass Wissing mehr für die Fahrradinfrastruktur tun müsse. Sie sehen im neuen Förderprogramm nun ein "positives Signal" - aber auch nicht mehr. Schließlich habe das Verkehrsministerium selber errechnen lassen, dass an den deutschen Bahnhöfen 1,5 Millionen Rad-Stellplätze fehlten. Nötig wären dafür drei Milliarden Euro oder mehr. "Auch hier zeigt sich, dass der Verkehrsminister die Dimension des Themas noch nicht erkannt hat", sagt ADFC-Geschäftsführerin Ann-Kathrin Schneider. "Ein weiteres kleines Förderprogramm für die Kommunen reicht nicht aus."

Die Bahn räumt Fehler bei der Planung der Bahnhöfe ein

Zumal das Gros der Fahrradstellplätze, die vielerorts entstehen könnten, von Wissings neuem Fördertopf nicht erfasst wird. Der umfasst nämlich nur den Neubau oder die Erweiterung von bestehenden Parkhäusern oder großen Sammelschließanlagen, auch in bislang leerstehenden Gebäuden. Abgeschlossene Anlagen also, in denen Räder vor Dieben wie Regen geschützt sind, keine einfachen Fahrradständer oder Doppelstockparker.

Dass es von all dem bisher zu wenig gibt, ist freilich nicht nur eine Frage des Geldes: In vielen Kommunen wird jahrelang über Fahrradabstellplätze debattiert, es geschieht aber nichts, weil sich Rathaus und Bahn gegenseitig die Zuständigkeit zuschieben. Dieses Problem kann auch das Verkehrsministerium nicht lösen und allenfalls auf die Beratungsarbeit der Informationsstelle "Fahrradparken an Bahnhöfen" verweisen, die bei der Bahn angesiedelt ist und vom Bund gefördert wird. Bahn-Chef Richard Lutz räumt da inzwischen eigene Fehler ein: Dass Bahnhöfe zu "Mobilitätsplattformen" werden müssten, mit Fahrradparkhäusern und Ladestationen für Elektroautos - dieses ganzheitliche Denken habe man bislang schlicht vergessen.

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Politisch steht Wissing unter Druck, mehr für die Verkehrswende zu tun. Am Freitag stellte er eine neue Prognose vor, dass in den kommenden drei Jahrzehnten der Verkehr auf den Straßen weiter wachsen werde, insbesondere der Lkw-Verkehr - weit mehr als der Güterverkehr auf der Schiene. Die Studie erregt nicht nur die Gemüter von Umweltschützern. Auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) kritisiert ungewohnt harsch, Wissing zementiere den Status quo. "Anstatt mit entsprechenden Maßnahmen die nötigen Rahmenbedingungen für mehr klimafreundlichen Güter- und Personenverkehr auf der Schiene zu verbessern, lehnt man sich zurück und tut so, als wäre das alles unveränderbar", klagt VDV-Präsident Ingo Wortmann, zugleich Chef der städtischen Münchner Verkehrsgesellschaft.

Dem setzt Wissing mit seiner Fahrradparkhaus-Förderung nun ein zumindest kleines Zeichen entgegen. Auch wenn die Idee nicht seine war: Enthalten ist sie bereits im sogenannten Nationalen Radverkehrsplan der Bundesregierung, verabschiedet noch von der großen Koalition im Frühjahr 2021 und erarbeitet von Wissings Vorgänger Andreas Scheuer (CSU). Diesen Plan umzusetzen, habe man im Koalitionsvertrag fest vereinbart, mahnt die Grünen-Verkehrspolitikerin Swantje Michaelsen. "Wir wissen, dass wir noch sehr viel Geld brauchen", die von Wissing zugesagten 110 Millionen Euro könnten nur ein Anfang sein. "Ausruhen darf man sich darauf nicht."

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