Hängepartie geht weiter
Zurückgedrehte Straßenverkehrsordnung: Novelle der Novelle bislang nicht in Sicht

Keine Einigung gab es im Bundesrat am 18. September 2020 in der Frage, wie der Formfehler in der Novelle der Straßenverkehrsordnung repariert werden könnte.
 
Ende April 2020 war nach über einjähriger Beratung die Neufassung der Straßenverkehrsordnung (StVO) in Kraft getreten. Sie enthält zahlreiche Verbesserungen für Radfahrende und härtere Sanktionen für Autofahrer, die Rad- und Fußverkehr behindern. Wegen eines Formfehlers, der Verletzung des Zitiergebotes (nach Art. 80 Abs. 1 Satz S. 3 GG), sind Teile der Novelle außer Kraft.
 
 
 
 
Verkehrs- und Innenausschuss der Bundesrates hatten empfohlen, die StVO-Novelle inklusive der ergänzten Eingangsformel noch einmal neu zu erlassen - und dabei die ursprünglich beschlossenen, derzeit aber nicht angewandten Sanktionen für Geschwindigkeitsüberschreitungen ab 21 km/h innerorts und 26 km/h außerorts zu modifizieren: Fahrverbote sollten künftig nur bei Geschwindigkeitsverstößen an Gefahrstellen wie Autobahnbaustellen oder Schulen und Kindergärten sowie im Wiederholungsfall verhängt werden. Rasern sollten dafür aber höhere Bußgelder drohen.
 
Der Bundesrats-Umweltausschuss hatte dafür plädiert, ausschließlich den Formfehler im Einleitungsteil der StVO-Novelle zu heilen, den Inhalt der damaligen Verordnung aber unverändert noch einmal neu zu erlassen.
 
Beide Empfehlungen fanden in der Plenarsitzung nicht die erforderliche absolute Mehrheit. Die Länder mit grüner Regierungsbeteiligung wollten lediglich den Formfehler durch korrektes Zitieren der Rechtsgrundlage beheben. Im Bundesrat blieb es in dieser Frage bei Tagesordnungspunkt 75 schließlich beim Patt.
 
Verkehrsverbände wie ADFC und VCD, aber auch Unfallforscher und der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) hatten zuvor die Beibehaltung der Regelungen aus der StVO-Novelle gefordert. Sie wiesen zu Recht auf den großen Unterschied hin, ob eine Person in einer 30er Zone mit Tempo 30 oder mit Tempo 50 von einem Pkw erfasst wird.
 
Damit wird voraussichtlich in der Oktobersitzung erneut nach einem Kompromiss gesucht. Bis dahin können Geschwindigkeitsüberschreitungen von 21 km/h bis 30 km/h innerorts und von 26 km/h bis 40 km/h außerorts sowie das Nichtbilden einer Rettungsgasse und gefährliches Abbiegen nicht mit Fahrverboten sanktioniert werden.
 
Einen solchen Fall gab es übrigens schon im Jahr 2009. Damals setzte Verkehrsminister Ramsauer (CSU) die im April vom Bundesrat verabschiedete 46. StVO-Novelle außer Kraft. Die Novelle sollte den Schilderwald reduzieren und den Fahrradverkehr sicherer machen. Übergangsvorschriften für alte Verkehrszeichen wurden ersatzlos gestrichen; mit der Folge, dass die Kommunen alle alten Verkehrsschilder, die noch nach der alten Gestaltungsrichtlinie gefertigt waren, sofort ersetzen mussten. Dies führte aufgrund der zu erwartenden hohen Kosten zu heftigen Protesten. Daraufhin stellte Peter Ramsauer bei nochmaliger Überprüfung der Novelle einen Formfehler fest, und zwar die fehlende Ermächtigungsgrundlage für die neuen Regelungen. Erst 2012 wurde mit korrekter Anwendung des Zitiergebots der Fehler behoben.
Redaktion: Ulrich Keller, Martina Menz, Satu Ulvi, Verena Zintgraf, Werner Böttcher, Bernhard Meier

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