Fahrradklima in Duisburg ist knapp ausreichend
Im Herbst letzten Jahres gab es wieder die große ADFC – Umfrage zum Fahrradklima in unseren Städten.
 
In Duisburg haben sich 1037 Bürger*innen an der großen Umfrage des ADFC zum Fahrradklima beteiligt. Als Schulnote ausgedrückt erhielt die Stadt dabei mit der Note 4,33 ein gerade noch ausreichendes Ergebnis und hat sich damit zur vorherigen Umfrage 2016 weiter verschlechtert. Im deutschlandweiten Vergleich rutschte Duisburg bei den vergleichbar großen Städten von Platz 22 auf 25.
Die Radfahrer*innen in Duisburg bemängelten insbesondere die schlechte Verkehrsführung an Baustellen sowie zu viele Falschparker auf Radverkehrsanlagen. Klaus Hauschild, Sprecher des ADFC Duisburg dazu: „Gerade die Kontrolle der Falschparker wäre für die Stadt weitgehend kostenneutral. Hier müssen bestehende Gesetze konsequenter durchgesetzt werden. Schließlich gefährden falsch parkende Fahrzeuge die Sicherheit der Radfahrer*innen.“
Die teilweise katastrophal bewertete Situation für Radfahrer*innen an Baustellen wird von der Stadtverwaltung mit mangelndem Personal erklärt. Herbert Fürmann, ebenfalls Sprecher des ADFC Duisburg dazu: „Die Mangelverwaltung der Stadt führt hier zu einer Gefährdung der schwächeren Verkehrsteilnehmer*innen. Es fehlt der politische Wille, Radverkehrsförderung auch mit dem notwendigen Personal auszustatten. Die Regeln zur Verkehrsführung an Baustellen sind der Stadt bekannt, umgesetzt werden Sie aber leider viel zu selten.“
 
 
 
Ein Interview mit ADFC Vorstandssprecher Herbert Fürmann:

ADFC: Radfahren ist in Deutschland beliebt. Doch der Mangel an sicherer Infrastruktur sorgt beim neuen "Fahrradklima"-Test für schlechte Noten. Mehr Frust als Freude: Deutschlands Radfahrer werden nach einer großen Umfrage immer unzufriedener mit ihrer Situation. Was läuft da schief?

HF: Fehlende Radweg-Systeme, ein lascher Umgang mit Falschparkern und ungünstige Ampelschaltungen nehmen vielen Menschen zunehmend die Lust am gesunden und umweltfreundlichen Radfahren. So kann man das Ergebnis des neuen "Fahrradklima"-Tests zusammenfassen. Vor allem das schwindende Sicherheitsgefühl macht uns dabei große Sorgen.

ADFC: Dabei ist Radfahren sehr beliebt. 75 Millionen Räder gebe es in Deutschland, sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer bei der Vorstellung der Ergebnisse. Allein 2018 wurden 4,2 Millionen neue Drahtesel bundesweit gekauft - der zweithöchste Wert in diesem Jahrzehnt. Zudem machen Elektroräder das Radeln unabhängiger von Topografie, Alter oder körperlichen Einschränkungen.

HF: Und doch vergeben Radfahrer als Gesamteindruck im Test die Schulnote 3,9, also praktisch nur "ausreichend". Vor allem in größeren Städten sitzt der Unmut tiefer. Selbst Sieger im Test wie Bremen, Karlsruhe oder Göttingen erreichen auf der Schulnoten-Skala maximal eine Note 3. Die Nase vorn haben kleinere Kommunen im Münsterland wie Bocholt, Reken oder Wettringen, die schon lange - wie die nahen Niederlande - mit Enthusiasmus auf Radverkehr setzen. Ein Wunsch eint dabei 80 Prozent aller Befragten: Sie möchten vom Autoverkehr getrennte, glatt asphaltierte Radwege, die breit genug sind fürs Überholen.

ADFC: Wie war denn die Beteiligung?

HF: 170.000 Radfahrer haben für den "Fahrradklima"-Test Fragebögen ausgefüllt und Schulnoten vergeben. Drei Viertel von ihnen hatten einen Führerschein. Beim Punkt Sicherheit im Radverkehr vergaben die Befragten nur die Schulnote 4,2. 2016 war es noch eine 3,9.
Auch wenn der Klimatest nicht repräsentativ ist, gilt er als Stimmungsbarometer. Auch Verkehrsminister Scheuer nimmt das ernst. "Das Sicherheitsgefühl muss sich verbessern", sagte er bei der Bekanntgabe. Helme und Abbiege-Assistenten für Lastwagen gehörten für ihn dazu. Das lassen wir heute mal unkommentiert. Es gehe aber vor allem darum, den Verkehrsraum so zu entflechten, dass alle Platz haben - Respekt vorausgesetzt.
"Wir sind bereit zum Umsteuern in der Radverkehrspolitik", ergänzte Scheuer. Bis Pfingsten will er Vorschläge für eine Novelle der Straßenverkehrsordnung vorlegen. Denkbar sei zum Beispiel, Einbahnstraßen in Gegenrichtung für den Radverkehr zu öffnen und das Zuparken von Radwegen zu thematisieren. Ich bin da mal gespannt, was dem Feinstaub-Andy dazu alles einfällt. Ob das mehr wird als die Helmkampagne mit nur leicht bekleideten jungen Frauen und Männern? Mit seiner Äußerung: „Details sind aber Sache der dafür zuständigen Kommunen“ machte der Verkehrsminister denn auch wieder gleich einen Rückzieher.

ADFC: Die Menschen in Deutschland haben das Gefühl, dass für das Rad zu wenig getan wird.

HF: Ja, die Meckerliste beim Test ist lang: Die Mehrheit der Eltern in Großstädten lasse ihre Kinder zum Beispiel nur mit ungutem Gefühl allein aufs Rad - zu gefährlich. Viele chauffieren den Nachwuchs stattdessen per "Elterntaxi" zur Schule - und werden so Teil der Autolawine, die sie für ihre Kinder so fürchten.

ADFC: Geht es denn nur tatsächlich nur um ein gefühltes Risiko?

HF: Es ist nicht nur ein gefühltes Risiko. 2018 starben 445 Radfahrer auf Deutschlands Straßen, zwei davon bei uns in Duisburg. Es gab 14 Prozent mehr Unfälle als 2017. Es geht auch um Verteilungskämpfe. Autofahrer merkten, dass ihnen weniger Platz bleibe, konstatiert der Deutsche Verkehrssicherheitsrat. Die Hälfte der Bundesbürger finde das Klima auf den Straßen aggressiver als früher. Idealerweise müssten die Verkehrsströme getrennt werden, etwa durch Ampelschaltungen.

ADFC: Doch es gibt in der deutschen Städtelandschaft auch Lichtblicke. Was machen die Anders?

HF: Nordhorn gibt rekordverdächtige 22,60 Euro pro Kopf für Radinfrastruktur aus. Das nordrhein-westfälische Rees verordnete Tempo 20 im Stadtkern. Karlsruhe wandelte Autospuren in Radwege und Parkplätze in Abstellplätze für Räder um. Zwischen Heidelberg und Mannheim entsteht der erste Radschnellweg, den der Bund finanziert. In Duisburg gibt es bisher eigentlich gar keinen eigenen Etat für Radverkehrsanlagen.
Städte für den Radverkehr zu optimieren dauert keine 40 Jahre Wenn der politische Wille da ist, kann man in wenigen Monaten Platz für gute Radwege schaffen. Im Vergleich zum Nachbarn Niederlande ist Deutschland mit seinen 11 Prozent Radverkehrsanteil Entwicklungsland. Die Niederlande schaffen 30 %. Sie begannen aber auch in den 1970er Jahren mit dem Umsteuern. Wir brauchen hier mehr Mut, dem Autoverkehr auch mal etwas wegzunehmen.

ADFC: Auf Deutschlands Straßen rollen mehr als 60 Millionen Kraftfahrzeuge. Der Treibhausgasausstoß im Verkehr ist seit 1990 weiter angestiegen. Ein wachsender Anteil an Radlern wäre deshalb auch umweltpolitisch sinnvoll und gewollt. Nach Berechnung des ADFC sind aber noch zwei Drittel der Verkehrsflächen für Autos reserviert. Und der größte Teil der Gelder für die Verkehrsinfrastruktur fließt in Bund, Land und fast allen Kommunen weiterhin in den Autoverkehr. Doch wie sieht es in Duisburg aus?

HF: Die Radfahrer sind unzufrieden. Das Ergebnisse knapp zusammengefasst: Das Fahrradklima in Duisburg liegt deutlich unter dem Bundesdurchschnitt und ist nur knapp ausreichend.

ADFC: Wie sieht denn das Gesamtergebnis aus?

HF: In Duisburg haben sich 1037 Bürgerinnen und Bürger an der großen Umfrage zum Fahrradklima beteiligt. Die Stadt erhielt dabei mit der Gesamt-Note 4,33 und hat sich damit zur vorherigen Umfrage verschlechtert. Im deutschlandweiten Vergleich liegen wir bei vergleichbar großen Städten auf Platz 22 von 25. Nimmt man alle Städte über 200.000 Einwohner, sieht es sogar noch schlechter aus: Platz 34 von 39. Damit ist Duisburg gegenüber dem letzten Test um 6 Plätze im Ranking zurückgefallen! Nur noch Dortmund, Köln, Halle an der Saale, Mönchengladbach und Wiesbaden haben noch schlechter abgeschnitten.

ADFC: Da sind ja viele Städte aus der Umgebung dabei. Ist Duisburg da in guter Gesellschaft?

HF: Eher in schlechter. Es ist schon auffällig, dass die großen Städte an Rhein und Ruhr allesamt schlecht abgeschnitten haben, schlechter als der Bundesdurchschnitt. An Rhein und Ruhr ragen lediglich Oberhausen mit 3,92 und Bochum mit 4,09 etwas hervor.
Das Fahrradklima, also die Zufriedenheit der Radfahrerinnen und Radfahrer, hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich verschlechtert und auch das Sicherheitsgefühl ist weiter gesunken – bundesweit auf 3,9. NRW schneidet mit der Note 4,1 deutlich schlechter ab. 2016 lag NRW die Bewertung des Fahrradklimas noch bei 3,9.
Der ADFC NRW fordert deshalb auch, zügig zu reagieren und den Bau von sicheren und geschützten Radwegen anzugehen. Wenn ungute Gefühle wie Angst und Stress die Menschen vom Radfahren abhalten, muss dringend gehandelt werden. Wir brauchen sichere und breite Radwege, abgetrennt vom starken Autoverkehr, durchgängige Radwegenetze, Radschnellwege für Pendler und mehr Fahrradparkhäuser.

ADFC: Kommen wir wieder nach Duisburg. Die Radfahrer und Radfahrerinnen in Duisburg bemängelten insbesondere die schlechte Verkehrsführung an Baustellen sowie zu viele Falschparker auf Radverkehrsanlagen.

HF: Nicht nur das. Auch die Ampelschaltungen für Radfahrer und die Breite der Radwege erhielten eine glatte 5. Die unzureichende Falschparker-Kontrolle und die Führung an Baustellen benoteten die Duisburger wie auch die Oberfläche von Radwegen sogar noch schlechter – mit jeweils 5,1. Alle diese Punkte haben sich gegenüber 2016 sogar noch verschlechtert, bis auf die Baustellen um 0,2 Punkte. Gerade die Kontrolle der Falschparker wäre für die Stadt weitgehend Kostenneutral. Hier müssen bestehende Gesetze konsequenter durchgesetzt werden. Schließlich gefährden falsch parkende Fahrzeuge die Sicherheit der Radfahrer.

ADFC: Und was ist mit den Baustellen?

HF: Die teilweise katastrophale Situation an Baustellen wird von der Stadtverwaltung mit mangelndem Personal erklärt. Wir meinen dazu: Die Mangelverwaltung der Stadt führt hier zu einer Gefährdung der schwächeren Verkehrsteilnehmer. Hier fehlt der politische Wille, Radverkehrsförderung auch mit dem notwendigen Personal und Geld auszustatten. Die Regeln zur Verkehrsführung an Baustellen sind der Stadt bekannt, umgesetzt werden Sie aber leider viel zu selten.

ADFC: Wie sehen diese Punkte den Bundesweit aus?

HF: Da sind wir in Duisburg nicht alleine. Der zu lasche Umgang mit Falschparkern ist mittlerweile bundesweit das von Radfahrerinnen und Radfahrern am meisten bemängelte Thema. Besonders unzufrieden sind die Radfahrenden auch mit der schlechten Führung des Radverkehrs an Baustellen. Ebenfalls schlecht bewertet werden ungünstige Ampelschaltungen für Radfahrerende und die fehlende Breite der Radwege. Überall liegt Duisburg hier aber mindestens eine halbe Note schlechter als der bundesweite Durchschnitt. Das sollte den Verantwortlichen in Politik und Verwaltung zu denken geben!

ADFC: Gibt es denn auch etwas Positives? Bei welchen Punkten hat unsere Stadt denn am besten abgeschnitten?

HF: Das war bei den Leihfahrrädern die es allerdings fast nur im Bezirk Mitte gibt mit der Note 3,1. Auch für die Erreichbarkeit der Innenstadt gab es eine 3,4, was aber eine deutliche Verschlechterung gegenüber 2016 darstellt. Eine 3,5 bekam der Punkt, dass alle, also Jung und Alt das Fahrrad nutzen. Die gleiche Note bekam die Stadt für Einbahnstraßen, die für Radfahrer geöffnet worden sind. Das ist gleichzeitig der einzige Punkt, der eine leicht bessere Note als im letzten Test bekommen hat.

ADFC: Welche Ergebnisse haben dich besonders erschreckt?

HF: Besonders schlimm finde ich, dass sich die Stadt bei so wichtigen Punkten wie der Akzeptanz des Radverkehrs und dem Radfahren sowohl auf Radwegen und Radfahrstreifen wie auch im Mischverkehr mit Kfz oder bei Konflikten mit den motorisierten Verkehrsteilnehmern deutlich um jeweils 1/3 Note verschlechtert hat.
Dass viele meinen, dass Duisburg in der letzten Zeit nicht sehr viel für die Fahrradförderung getan hat (Note 4,6, ebenfalls eine Verschlechterung -0,5 gegenüber 2014) verwundert mich hingegen nicht.
 
Auch der Fernsehsender Studio 47 hat darüber berichtet:
 
Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club
Kreisverband Duisburg
Mülheimer Str. 91
47058 Duisburg 
 
Tel.: 0203 / 7742 11
 
E-Mail: info@adfc-duisburg.de
www.adfc-duisburg.de
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