Fahrrad-Parkhaus unterm Jahnplatz: Sinnvoll oder nicht?
von Thorsten Böhm

Eigentlich könnte man ja annehmen, dass der Vorschlag, unter dem Jahnplatz ein Fahrrad-Park„haus“ einzurichten auch in der Radfahrszene einhellig begrüßt werden würde. Das scheint nicht so zu sein. Was also ist das Problem oder besser: Wie ist der Parkbedarf und wie müsste ein solches Fahrrad-Parkhaus aussehen, um den Radverkehr in Bielefeld insgesamt voran zu bringen?

Verteilt auf mehrere Stellen gibt es auf dem Jahnplatz derzeit knapp 230 Fahrrad-Parkbügel, theoretisch also etwa 450 Stellplätze. Je nach Standort sind diese Plätze stark bis vollständig ausgelastet – auch bei „schlechtem“ Wetter. Zusätzlich werden viele Fahrräder an Verkehrsschilder und die Treppengeländer des „Jahnplatz-Forums“ angeschlossen: ein Zeichen dafür, dass die Zahl der Parkbügel nicht ausreicht. Es gibt also schon heute einen Parkbedarf am Jahnplatz, und er wird in den nächsten Jahren mit verstärkter Radnutzung noch steigen.

Die Stadt Bielefeld möchte und muss Teile des heutigen Kfz-Verkehrs auf Gehen, Radfahren und ÖPNV verlagern. Eine Mietrad-Flotte für Radfahrten im Innenstadtbereich, z.B. im Anschluss an eine Stadtbahn- oder Busanreise aus den Bielefelder Außenbezirken könnte in einem Fahrrad-Parkhaus am Jahnplatz angesiedelt werden.
 
 
Wer braucht sowas?
Menschen, die für längere Zeit in der Innenstadt verweilen wollen (und heute vielleicht ihr Auto in einem Parkhaus parken), dort zu Fuß unterwegs sind, eine Veranstaltung oder ein Café besuchen usw., haben nicht in jedem Fall das Bedürfnis, ihr Rad mitzuführen. Sie könnten zentral parken –in den für ihre Radverkehrsförderung oft gelobten Niederlanden sind Fahrrad-Parkhäuser in Einkaufsbereichen nichts exotisches. Schließfächer, Ladepunkte für Pedelec-Akkus und weitere Dienstleistungen könnten Zielgruppen ansprechen, die bisher nicht mit dem Rad in die Innenstadt fahren.

Oberirdisches Parken
Es ist klar, dass ein Parkhaus am Jahnplatz kein maßgeschneidertes Angebot für diejenigen Kurzzeitparker wäre, die nur für kurze Zeit ein Ziel in Jahnplatznähe aufsuchen und dann zum nächsten Ziel weiterfahren wollen. Deshalb würde es die heutigen oberirdischen Abstellanlagen auf dem Jahnplatz, und erst recht diejenigen in anderen Innenstadtbereichen (Alter Markt, Arndtstraße, Stresemannstraße usw.) nicht überflüssig machen – sie müssten erhalten bleiben. Mit der geplanten fußgängerfreundlichen Umgestaltung des Jahnplatzes gibt es aber möglicherweise kaum noch Möglichkeiten, das oberirdische Fahrradparken räumlich auszudehnen. Zu oberirdischen Abstellanlagen haben sich das Amt für Verkehr und die Politik bisher überhaupt noch nicht geäußert.
Und natürlich wäre ein Jahnplatz-Parkhaus kein Ersatzangebot für ein Fahrrad-Parkhaus am Hauptbahnhof –schon wegen der Entfernung dorthin, aber auch wegen der unterschiedlichen Zielgruppen.

Wie groß, wie klein?
Ein Fahrrad-Parkhaus auf der Fläche des heutigen „Jahnplatz-Forums“ und auf angrenzenden Flächen böte Platz für die künftig zunehmende Zahl von Fahrrädern, die auch im Jahnplatzbereich geparkt werden wollen. Für manche Menschen wäre es erstmals ein akzeptables Parkangebot, z.B. weil sie teure Räder nicht unbewacht stehen lassen wollen, oder weil ihre Lastenräder oder Anhänger-Gespanne nicht in heutige Abstellanlagen passen.

Auch wichtig: die Nutzungsbedingungen
Entscheidend dafür, ob ein Parkhaus erfolgreich wird oder ob es in einem Debakel endet, sind nicht nur planerische Entscheidungen, sondern auch die Nutzungsbedingungen. Also: Ein- und Ausfahrt müssen leicht zu bewältigen sein, die Abstellanlagen an den Stellplätzen müssen leicht und komfortabel zu bedienen sein, und ohne dass man sich die Kleidung verschmutzt oder beschädigt. Leichter Zugang heißt auch: spontanes Parken, ohne zuvor einen Dauernutzungsvertrag abzuschließen – die ersten 24 Stunden gratis. Wer längerfristig parken oder zusätzlichen Service haben möchte, darf ein moderates Entgelt zahlen. Ein Parkhaus muss natürlich hell, freundlich und sicher sein. Eine Bewachung nachts erhöht außerdem das Sicherheitsbedürfnis der Nutzer*innen.
Leichter Zugang heißt auch, nicht erst eine App auf einem Smartphone installieren zu müssen, ohne die nichts geht.

Alles viel zu teuer?
Vorab: Investitionen in den Radverkehr sind grundsätzlich gut angelegtes Geld, denn sie helfen der Stadt, in Zukunft Geld zu sparen: bei Straßensanierung, Lärmschutz, Luftreinhaltung, Gesundheitsvorsorge, Sozialausgaben. Zum Vergleich: Der derzeit angenommene Eigenanteil der Stadt für ein Fahrrad-Parkhaus am Jahnplatz beträgt nur rund ein Viertel dessen, was allein der beschlossene Ausbau von ein paar hundert Meter Ausbau der Herforder Straße im Bielefelder Norden die Stadt kosten würde – die bei Investitionen in den Kraftverkehr unvermeidlichen Folgekosten noch gar nicht berücksichtigt.

Der Bau eines Parkhauses unter dem Jahnplatz darf aber die längst überfälligen Investitionen in Radwege und weitere Rad-Fördermaßnahmen auf keinen Fall verzögern. Es gibt kein „entweder oder“, sondern nur beides zusammen ergibt ein sinnvolles Ganzes.

Klar ist hierbei: Bielefeld hat mit dem „Jahnplatz-Forum“ eine unwirtliche Problemimmobilie an zentraler Stelle, für die irgendwas getan werden soll – fahrradbezogene Angebote können dabei helfen. Die Gelder, die hier investiert werden, sollten daher nicht primär der Radverkehrsförderung zugerechnet werden, sondern auch der Stadtreparatur. Damit es nicht hinterher heißt: „Wir haben so viel Geld ins Fahrrad-Parkhaus gesteckt, dass wir für andere Rad-Maßnahmen über Jahre hinaus nicht genug Geld haben!“

Beteiligung ist nötig
Die unterschiedlichen potenziellen Nutzer*innen sollten bei der weiteren Planung des Parkhauses ausführlich zu Wort kommen: Menschen, die die Innenstadt schon heute mit dem Rad aufsuchen, aber auch solche, für die ein Fahrrad-Parkhaus zukünftig interessant sein könnte. Menschen, die im Jahnplatzbereich wohnen, arbeiten, Dienstleistungen anbieten, um Kundschaft werben. Nur eine ernsthafte Beteiligung wird Fehlentscheidungen vermeiden können. Es wird Zeit!
 
 Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club, Stadtverband Bielefeld e.V.
 Stapenhorststraße 90
 33615 Bielefeld
 
Telefon
E-Mail
Website
Facebook
Twitter
0521 / 13 11 13
adfc.bielefeld@gmx.de

https://www.adfc-nrw.de/kreisverbaende/kv-bielefeld/adfc-bielefeld.html
https://www.facebook.com/ADFC.Bielefeld
https://twitter.com/adfc_bielefeld