Freitag, 17. Mai (19 Uhr): Bingo im Haus Eifgen

Transrapid auf Balkantrasse (Fahrräder adé, Zug juchee) oder Schildbürgerstreich im Stadtrat von Wermelskirchen

Von Bernhard Werheid, Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club (ADFC) RheinBerg-Oberberg e.V.

Wermelskirchen ist eine Reise wert und sei es, um der 22. Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Verkehr beizuwohnen. Eigentlich kann es so richtig genossen werden, wenn man mit dem Auto anreist und auf einem der vielen kostenlosen Parkplätze mitten in der Innenstadt sein Gefährt abstellen kann. In der Sitzung erfahre ich aber, dass ich als Nicht-Wermelskirchener eher die Ausnahme bin: Auf den Parkplätzen von Wermelskirchen parken nur „Einheimische“  – sehr witzig – aber warum man Wermelskirchen so meidet, wird mir später klar.

Wirklich interessant ist der Vortrag von Dr. Molitor über die Regionale 2025. In seinem Vortrag erfährt man so einiges zum Verlauf des Projektes »Das Bergische RheinLand«, welches uns die nächsten 10 Jahre begleiten wird. Dann wird es lokal: Die Verwaltung teilt mit, dass die geplante Fassadenordnung auf erheblichen Widerstand der Hausbesitzer gestoßen sei. Ich schaue nach draußen und blicke auf das Gerüst an der Hausfassade des Rathauses. Seit 12 (!) Jahren steht das schon. Vielleicht haben die Hausbesitzer Angst, dass sie das gleiche Schicksal erleiden. Vielleicht sollte die Verwaltung erst einmal mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Fassade ansehnlich gestalten. Im Verlauf der Sitzung geht es auch um die monetäre Parkraumbewirtschaftung (das musste ich selber mal nachlesen, es gibt wirklich die Möglichkeit „Freies Parken“ bei der Bewirtschaftung). Der Antrag dazu wird von der CDU-Fraktion abgeschmettert. Die Bürger von Wermelskirchen erhalten so weiter geldwerte Vorteile verschafft, indem überall in Wermelskirchen kostenlos geparkt werden darf – damit auch noch Zeit für einen Kaffee bleibt – gerne aber auch „noch etwas länger“, so 8 – 12 Stunden. Alles kein Problem. Abgeschmettert werden auch andere ideologisch angehauchte Themen, welche vornehmlich von kleineren Parteien eingebracht werden. Sie beinhalten Worte wie „Fahrradstraße“, „Tempo 30“ …

Daß die Abgeordneten nicht wissen, worüber sie abstimmen (Fahrradstraße), sieht man ihnen nach. Das liegt halt an der Ideologie. Umsetzung der Verkehrswende – hier in Wermelskirchen völlig unnötig. Wenn die Parkplätze nicht ausreichen, wird die Verwaltung beauftragt, für eine autogerechte Stadt zu sorgen. Das ist Ideologie, die erlaubt ist und die Spaß macht. Wermelskirchen ist halt weit weg von modernen Mobilitätskonzepten.

Aber sie alle wollen nah ran: z. B. an die Rheinschiene. Und es gibt Typen, auch in der CDU, die wollen noch was werden und suchen nach einem Sprungbrett. Da kann man auch schon mal populistisch auftreten und Projekte erfinden, die (fast) überall gut ankommen: Man will eine Anbindung an die Rheinschiene mit etwas wirklich Innovativem: einem Schienenfahrzeug! Und dieses soll auf die Balkantrasse, genauso wie 1881, als dort der Personenverkehr eröffnet wurde. Vorstellbar wäre ein Verkehr von Montag bis Freitag, da sind ohnehin keine Radfahrer (im Jahr 2016: 280 täglich) auf der Trasse. Und am Wochenende dürfen dann Radfahrer in den Schienen fahren, das macht Spaß. (Genaue Zahlen gibt es hier.)

Ganz nett wäre auch eine Schwebebahn, hat Wuppertal doch auch … Damit soll sich jetzt die (sich total langweilende) Verwaltung beschäftigen, und wenn die clever ist, schließt sie das Thema, nach intensiver Forschungsarbeit, morgen ab. Ein Fraktionskollege bemerkte, dass er diesen Vorschlag des Schienenfahrzeuges auf der Balkantrasse das erste Mal auf dem diesjährigen Neujahrsempfang gehört habe und meinte, dass dort wohl sehr viel Alkohol geflossen sein müsse … Ich habe mich nur gefragt, wie man klicken muss, wenn dieser Antrag auch noch einstimmig verabschiedet wird.

Zum Schluss noch ein Tipp für die Wermelskirchener Politiker: Ende 2011 ist die Betriebsgenehmigung für die Transrapid-Versuchsanlage ausgelaufen. Im Emsland stehen seitdem 3 voll funktionsfähige Züge und 31,8 km aufgeständerte Trasse einschl. zweier Weichen, einem Besucherzentrum, einem Versuchszentrum und einem Informationszentrum. Niedersachsen würde die Magnetschwebebahn gerne loswerden. Abbau und Wiederaufbau wären relativ problemlos und Klicki bekäme mit dem Coup sofort einen Bundesministerposten …

(© Beitragsfoto: Bernhard Werheid)

Kommentar (1) Schreibe einen Kommentar

    • Max
    • 09.03.18, 10:34 Uhr

    Bei uns auf´m Dorf würde man sagen: “Se ham de Nagel mit ene schlach versenkt!”

    Es ist wirklich nicht mehr zu übersehen. Offensichtlich ist der zu tief ins Sitzpolster gewachsene Teil unserer Ausschussmitglieder nicht mehr in der Lage, die einfachsten Dinge zu erkennen und realitätsnah zu Handeln.

    Aber dies scheint nicht nur ein regionales Problem zu sein. “Bloß nix verändern wollen”, ist das viel beschworene Mantra eines jeden Konsumenten, der zu mindestens gefühlt Taktsicher sein Kreuzchen zur Wahl abgeben darf. Ersatzweise wird halt an der Theke des Vertrauens über die Schwächsten im System abgeledert, oder einfach was feines Gekauft. Die kollektive Prägung wirkt!

    Schöne neue Welt, sach ich ma.

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