|
|
|
Simone Markl und Klaus Markl (rechts) von „Bici-Bus“ werden zum einjährigen Bestehen der Initiative vom Frankfurter Oberbürgermeister begleitet.Immer weniger Kinder können in Deutschland richtig Fahrrad fahren. Die Schulweginitiative „Bici-Bus“ will das ändern. Initiator Klaus Markl erklärt wie. Herr Markl, was ist ein „Bici-Bus“? Das Wort leitet sich aus dem Spanischen ab. Es ist die Kurzform von „bicicleta“. Und Bus, weil ähnlich wie im ÖPNV zu einer vorgegebenen Zeit auf einer vorgegebenen Strecke gefahren wird. Der „Bici-Bus“ wird so formiert, dass wir die Kinder in das Zentrum der Gruppe integrieren und mit Jugendlichen und Erwachsenen nach außen gegen den Kraftfahrzeugverkehr abschirmen. Wir versuchen die Routen so zu wählen, dass wir mehrere Schulen anfahren und miteinander kombinieren. Die Straßenverkehrsordnung nennt das einen Verband und gibt diesem einige Sonderrechte. Wenn zum Beispiel der Anfang der Gruppe bei Grün in die Kreuzung fährt, darf der Rest folgen, obwohl die Ampel schon auf Rot ist. Meine Frau Simone ist während Corona über Twitter auf einen „Bici-Bus“ in Barcelona gestoßen. Dort ging es los, dass Eltern ihre Kinder mit dem Fahrrad zur Schule begleitet haben. Aus dieser kleinen Initiative ist eine riesige Bewegung geworden. Schultäglich sind dort unzählige „Bici-Busse“ mit Tausenden Schülern unterwegs. Was in Barcelona möglich ist, sollte auch in Deutschland möglich sein. Wir haben das von Frankfurt aus organisiert. Mittlerweile gibt es deutschlandweit mehr als 40 „Bici-Busse“, und es kommen wöchentlich etwa zwei neue dazu. Morgens mit einer Gruppe von Schulkindern durch den Berufsverkehr – das klingt anstrengend. Was motiviert Sie? Wir brauchen Lösungen in Zeiten des zunehmenden Klimawandels und Bewegungsmangels. Ein Grundschullehrer berichtet zum Beispiel, dass nur noch 60 Prozent seiner Schüler Rad fahren können. Wenn von den Rad fahrenden Schülern noch einmal 30 Prozent in der vierten Klasse bei der praktischen Radfahrprüfung durchfallen, weil sie nicht in der Lage sind, auch nur eine Hand vom Lenker zu lassen, um das Abbiegen anzuzeigen, sind das einfach alarmierende Zeichen. ![]() Warum haben viele Kinder Schwierigkeiten mit dem Fahrradfahren? Neben dem Bewegungsmangel liegt es auch an den Helikoptereltern, die bei jeder Art der Bewegung Gefahrenquellen entdecken. Außerdem gab es früher viel mehr Freiflächen. Zudem hat sich der Verkehr in den vergangenen Jahren verstärkt. Was macht die Fahrt zur Schule für die Kinder so gefährlich? Auf vielen Straßen ist nur unzureichend Platz für Radfahrer. Das betrifft vor allem die Kinder, weil die noch schutzbedürftiger sind. Wir brauchen eine andere Infrastruktur. Solange die nicht vorhanden ist, bieten wir mit dem „Bici-Bus“ eine Übergangslösung. Wir brauchen zum Beispiel mehr rote Fahrradstreifen und Verkehrsberuhigung, vor allem vor den Schulen. Mit ihren Radgruppen blockieren Sie teilweise ganze Fahrspuren. Gab es schon Probleme mit verärgerten Autofahrern? Das kam beim „Bici-Bus“ bisher kaum bis gar nicht vor. Es hat uns auch positiv erstaunt. Die Autofahrer sehen, dass es sich in erster Linie um Kinder handelt, und akzeptieren das dann eher. Wir achten aber auch darauf, dass es erst gar nicht zu einer Verkehrsbehinderung kommt. ![]() Wie reagieren Eltern auf „Bici-Busse“? Wir müssen erst einmal deren Vertrauen gewinnen. Das gelingt in der Regel immer sehr schnell, indem wir sie aufklären. Häufig kombinieren wir den „Bici-Bus“ mit Aktionstagen. Wir checken die Fahrräder auf ihre Verkehrstüchtigkeit und bauen auf Schulhöfen Parcours auf. Wir sind ehrenamtlich tätig. Es ist nur möglich, wenn ein Teil der Eltern sich dem „Bici-Bus“ langfristig anschließt. Unsere Hauptintention ist immer eine Initialzündung. Die meisten „Bici-Busse“ beginnen mit einer monatlichen Austragung, aber wir haben einige, die mittlerweile schultäglich rollen. Die Fragen stellte Michael Theil. Quelle: F.A.Z. |
|