Diesel-Fahrverbote in NRW Deutscher Städtetag will Milliarden für E-Bikes und Radwege

Münster · Überdachte Radwege, mehr Subventionen für E-Bikes: Der Präsident des Deutschen Städtetages, Markus Lewe, hat im Kampf gegen die drohenden Diesel-Fahrverbote unkonventionelle Ideen. E-Autos hält er hingegen für einen Flopp.

 Ein Radfahrer fährt mit einem E-Bike auf einer Fahrradstraße (Symbolbild).

Ein Radfahrer fährt mit einem E-Bike auf einer Fahrradstraße (Symbolbild).

Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Als Antwort auf die drohenden Fahrverbote fordert der Deutsche Städtetag ein über zehn Jahre gestrecktes 20-Milliarden-Euro-Paket vom Bund und von den Ländern. Städtetagspräsident Markus Lewe (CDU) sagte unserer Redaktion: „Im Rahmen der Verkehrswende brauchen die Kommunen in den nächsten zehn Jahren insgesamt mindestens 20 Milliarden Euro vom Bund und von den Ländern, um neue Verkehrskonzepte zu realisieren.“ Lesen Sie hier das Interview mit dem Städtetags-Präsidenten Markus Lewe.

Die deutschen Kommunen seien angesichts ihrer hohen Verschuldung nicht in der Lage, die notwendige Umrüstung der Infrastruktur auf umweltfreundlichere Konzepte selbst zu stemmen. Wegen zu hoher Schadstoffwerte haben Gerichte in etlichen deutsche Städte Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge verhängt.

Die Städte versuchen, die Luftqualität unter anderem mit Investitionen in den Öffentlichen Nahverkehr zu verbessern und so den Fahrverboten zu entkommen. Vieles scheitert jedoch am Geld: Laut Statistischem Bundesamt sind die deutschen Kommunen aktuell mit 131,1 Milliarden Euro verschuldet. Fast die Hälfte davon (53 Milliarden Euro) entfällt auf Kommunen in NRW.

Der Städtetag schlägt außerdem eine Kürzung der Subventionen für Elektroautos zugunsten von mehr Kaufanreizen für Elektro-Fahrräder vor. Lewe sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: „Wir sollten E-Autos weniger und E-Fahrräder dafür stärker subventionieren.“ Trotz der hohen Förderung würden E-Autos vom Markt kaum akzeptiert. E-Fahrrädern hingegen seien äußerst beliebt. „Die Kombination von E-Fahrrädern und vielleicht sogar überdachten Radwegen, die auch die Vorstädte anbinden, würde massiv zur Entlastung der Innenstädte vom Autoverkehr beitragen“, so Lewe, „dann wären Diesel-Fahrverbote gar kein Thema mehr.“

Der Markt für E-Autos entwickelt sich trotz üppiger Förderprogramme seit Jahren schwach. Aktuell werden weniger als 54.000 der rund 46 Millionen Autos auf deutschen Straßen elektrisch angetrieben. Der Markt für E-Fahrräder boomt. 2017 wurden bundesweit 720.000 E-Bikes verkauft – 19 Prozent mehr als im Vorjahr. Für 2018 gehen Beobachter von einem erneuten Absatzplus aus.

Städtetagspräsident Lewe, zugleich Oberbürgermeister von Münster, hält das Potenzial von Fahrrädern bei der Verkehrswende für noch nicht ausgereizt: „In meiner Heimatstadt Münster besteht der Verkehr zu 40 Prozent aus Fahrradfahrern, 32 Prozent Pkw-Verkehr, der Rest fährt Bus und Bahn.“ Solche Werte seien nur mit entsprechender Infrastruktur zu erreichen. „Da muss man dann auch mal Autoflächen in Parkhäusern in Abstellflächen für Fahrräder umwidmen“, so Lewe. Im Vergleich zu E-Autos seien E-Fahrräder „billiger, machen mehr Spaß und brauchen weniger Parkraum“.

Bei den Grünen stößt der CDU-Mann auf Beifall. „Die Förderung von E-Mobilität bei Fahrrädern ist ein Betrag zur Verkehrswende“, sagte der Fraktionschef der Grünen im Landtag, Arndt Klocke. Um mehr Menschen zum Umstieg zu bewegen, brauche es mehr sichere Abstellanlagen, Ladestationen und gute Radwegeverbindungen. „NRW sollte wie auch schon Berlin und Baden-Württemberg die Anschaffung von Lasten- und Transporträdern für Kleinbegtriebe und Handwerke finanziell fördern“, so Klocke.

NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) bestätigt die wachsende Rolle von E-Bikes im Straßenverkehr: „Ein Viertel der verkauften Fahrräder sind inzwischen E-Bikes oder Pedelecs. Sie machen das Radfahren für immer mehr Pendler interessant.“

Der verkehrspolitische Sprecher der CDU im Landtag, Klaus Voussem, sagte: „Es gibt bereits Möglichkeiten, sich bei der Anschaffung eines E-Bikes oder Pedelecs unterstützen zu lassen“. Unter anderem könnten entsprechend genutzte Räder seit 2012 ähnlich wie Dienstwagen finanziert und gefördert werden. Im Vordergrund der Förderung müsse jedoch der Ausbau der Ladeinfrastruktur stehen.

Der Duisburger Stauforscher Michael Schreckenberg hält das Potenzial von E-Fahrrädern bei der Lösung der Verkehrskrise in Deutschland für begrenzt: „Bei den Verkehrsmassen, um die es etwa im Ruhrgebiet geht, ist das E-Bike überfordert.“ Außerdem bevorzugten immer mehr Menschen Busse und Bahnen, „weil sie dort online sein können. Auf dem E-Bike kann man nicht chatten“, so Schreckenberg. Eine stärkere Subventionierung von E-Bikes sei daher nicht angemessen.

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