Verschwinden gestoppt: Fahrrad-Ampeln
Viele haben sie schon gesehen: Besondere Fahrrad-Ampeln geben an Kreuzungen für Radwege früher Grün als für die Fahrbahn, damit Radfahrer*innen zuerst losfahren können und nicht in Konflikt mit rechts abbiegenden Autos geraten. So weit, so gut!

Zur großen Verwunderung des ADFC Bielefeld sind in letzter Zeit solche Ampeln in Bielefeld wieder verschwunden. Obwohl sich an den betroffenen Kreuzungen augenscheinlich nichts geändert hatte: Die Radwege waren weiterhin vorhanden,
und die Ampeln mit Grünvorlauf wären weiterhin sinnvoll gewesen.

Eine Rückfrage bei der zuständigen städtischen Behörde ergab: Kein Versehen, sondern Absicht! Wir geben den folgenden Briefwechsel und sein Ergebnis sinnwahrend gekürzt wieder.
 
 
Begründung der Behörde: An sog. Schutzstreifen dürften keine Fahrrad-Ampeln stehen.
Einwand des ADFC Bielefeld: Hier gebe es aber gar keine Schutzstreifen.
Neue Begründung der Behörde: Die Benutzungspflicht der Radwege an diesen Kreuzungen sei aufgehoben worden.
ADFC Bielefeld: Die Ampeln seien trotzdem sinnvoll, und die Straßenverkehrsordnung (StVO) verbiete es nicht, sie auch an solchen Radwegen aufzustellen, die nicht benutzungspflichtig sind.
Behörde: Die StVO verbiete es nicht, aber der „Kommentar“ zur StVO sage, dass das Radfahrersignal auch dann für Radfahrer auf der Fahrbahn gelte, wenn der Radweg nicht benutzungspflichtig sei (zitiert einen Satz ohne Angabe der Quelle).

Zwischenbemerkungen:
Die Novellierung der StVO zum 1.4.2013 sagt sinngemäß: Wenn es eine Fahrbahn und einen Radweg/Radfahrstreifen gibt, dann gilt die Fahrradampel für den Radweg/Radfahrstreifen und die normale Ampel für die Fahrbahn. Vor dem 1.4.2013 galt die Fahrradampel auch für Radfahrer auf der Fahrbahn, was unerwünschte Gefahren erzeugen konnte.
Ein Kommentar zu einem Gesetz gibt nicht zuletzt die persönliche Meinung des Autors wieder, die nicht unbedingt mit der Intention des Gesetzgebers und der Meinung anderer Kommentatoren übereinstimmen muss – und auch nicht mit dem, was sinnvoll ist.

ADFC Bielefeld: Welcher „Kommentar“ soll das sein?
Behörde: gibt die Quelle an (StVO-Kommentar Schurig, 15. Aufl. 2015, S. 456) und bietet ein persönliches Gespräch an.
ADFC Bielefeld: Da hat Schurig den Schuss nicht gehört und/oder schlampig gearbeitet: eine Passage kopiert und eingefügt, die schon in der 14. Aufl. 2013 nicht mehr richtig war. Außerdem steht er mit seiner Meinung allein da, alle anderen (und renommierteren) Kommentatoren teilen seine ulkige Auffassung nicht (zitiert drei andere Kommentare).

Gespräch Behörde/ADFC Bielefeld/Bezirksregierung
Bezirksregierung: bestätigt den ADFC Bielefeld.
Alle einigen sich: Wenn Behörde die Radwegebenutzungspflicht aufhebt, bleiben vorhandene Radsignale bestehen (falls nicht wirklich triftige Gründe dagegen sprechen).
Grünvorlauf für Radverkehr soll weiterhin (auch bei neuen Ampeln) eingerichtet werden.
Grünlicht soll für Fahrbahn und Radweg  gleichzeitig enden, nicht für den Radverkehr schon vorher).

Schlussbemerkungen:
Dank an alle für das klärende Gespräch!
Wenn man bei der Meinungsfindung in juristische Kommentare schaut, sollte man seine Rechtsmeinung, die sich schon aus dem Gesetz nicht ableiten lässt, nicht auf einen einzigen Kommentar stützen, sondern vorsichtshalber auch in die Gesetzesbegründung und in andere Kommentare schauen.
Der StVO-Kommentar Schurig ist beliebt wegen seiner Illustrationen, schöpft aber für seine Texte nicht aus dem Brunnen der Weisheit.
Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club
Stadtverband Bielefeld e.V.
Stapenhorststraße 90
33615 Bielefeld 
 
Tel.: (0521) 13 11 13
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