Heinrich Böll
… Es war eine Art Vertreibung, und so wurde ich vom Spaziergänger zum Radfahrer, wich in entfernte Vororte, in den Grüngürtel aus, fuhr den Rhein herauf und herunter zwischen Niehl und Rodenkirchen nach Deutz. Das Radfahren wurde mir lieb, Radfahren mein einziger, ausgiebig betriebener Sport. … Ich erkundete unbekannte Vororte, fuhr rheinab- oder aufwärts an stille Stellen des Ufers, las (ja, auch Hölderlin).
 
 
Mit Flickzeug, Luftpumpe, einer Karbidlampe war ich unabhängig, fast mit nur ein paar Büchern auf dem Gepäckständer und ein wenig Tabak in der Tasche fast ein „Reisender ohne Gepäck“. Es blieb das unersetzliche, fast heilige Fahrrad, dieses flinke Vehikel der Mobilität, Fluchtgefährt leichter Bauart, vieler Hymnen würdig und … das einzig zuverlässige, wertvollste mechanische Fortbewegungsmittel. Was braucht ein Auto alles? Schwerfällig ist es, genau besehen, abhängig von tausend Kleinigkeiten, ganz zu schweigen vom Brennstoff, von den Straßen. Wo kommt man mit dem Fahrrad noch durch und nicht zu vergessen: der Vietnamkrieg wurde mit Fahrrädern gewonnen, gegen Panzer und Flugzeuge. Flickzeug, Luftpumpe, Lampe leichtes, fast gar kein Gepäck und was lässt sich notfalls alles an ein Fahrrad hängen, ihm aufladen? …
Heinrich Böll

Text aus „Was soll aus dem Jungen bloß werden?“ mit freundlicher Genehmigung der Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co.KG
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Kreisverband Köln
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