ADFC Fahrradklima-Test: Von Aufsteigern und roten Laternen
Erfreulich viele märkische Rad Fahrende haben im Herbst 2014 das Fahrradklima in ihrer Stadt bewertet, so dass mit Iserlohn, Lüdenscheid, Menden und Hemer erstmals vier märkische Städte ins Städteranking kamen. Vielen Dank allen Teilnehmenden!

Freudige Überraschung in Iserlohn: Völlig unerwartet wurde Iserlohn als zweibester "Aufsteiger" in seiner Städtegrößen-Kategorie ausgezeichnet. Verkehrsausschussvorsitzender Rolf Kaiser nahm am 19. Februar 2015 im Beisein von ADFC-Kreisvorsitzendem Martin Isbruch die Urkunde im Bundesverkehrsministerium entgegen (Foto).

Weniger erfolgreich schnitten Lüdenscheid und Menden ab: Platz 98 und Platz 100 - von 100 Städten dieser Größenkategorie holten die rote Laterne in den Märkischen Kreis. Hemer erzielte ein durchwachsenes Ergebnis im Mittelfeld der kleinen Städte - die Bahntrasseneröffnung hat die Stadt vermutlich vor einem größeren Fiasko bewahrt. Die beste Bewertung im Märkischen Kreis hingegen bekam eine Stadt, die es aufgrund zu geringer Teilnehmendenzahl gar nicht ins Ranking geschafft hat: Plettenberg!
In Iserlohn und Menden stellen wir im April die Ergebnisse öffentlich vor und präsentieren erste Schlussfolgerungen mit Sofortprogramm (siehe unter Termine).
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„Dunkle Wolken über dem Märkischen Kreis statt heiterem Fahrradklima – mit einem Silberstreif am Horizont?“ So bewertete der ADFC MK noch 2012 den damaligen ADFC-Fahrradklima-Test. Mit den wenig schmeichelhaften Plätzen 208 bzw. 250 von 252 Städten landeten Iserlohn und Lüdenscheid damals weit abgeschlagen hinter den Top-Städten dieser Größenkategorie. Im Fahrradklima-Test 2014 konnten dank vielen Teilnehmenden zusätzlich noch Menden und Hemer ins Städteranking gebracht werden.

Freude in Iserlohn

Der Silberstreif ist mittlerweile aufgebrochen: Freudige Überraschung diesmal beim Bürgermeister der Stadt Iserlohn und dem örtlichen ADFC-Kreisvorsitzenden Martin Isbruch: Völlig unerwartet wurde man nach Berlin eingeladen zur Auszeichnung der besten Fahrradstädte Deutschlands. Im Bundesverkehrsministerium konnte am Donnerstag, 19. Februar die Urkunde für den zweiten Platz in der „Aufsteiger-Wertung“ entgegen genommen werden. In diesem Ranking werden Städte ausgezeichnet, deren Wertung sich im Vergleich zum letzten Fahrradklima-Test 2012 besonders verbessert hat.
Martin Isbruch , Vorsitzender des ADFC MK und auch landesweit als Beisitzer im Landesvorstand des ADFC NRW gut vernetzt, hat damit nicht gerechnet: "Das Verhältnis zu Politik und Verwaltung ist in Iserlohn in der Tat recht gut. In den letzten zwei Jahren wurden jedoch kaum konkrete Projekte "auf die Straße" gebracht sondern vor allem die dafür notwendigen Planungen angestellt. Daher sind wir doch etwas überrascht worden, dass die Radfahrerinnen und Radfahrer vor Ort das Fahrradklima bereits deutlich besser sehen als noch 2012. Das ist ein überaus erfreuliches Ergebnis!", so Isbruch kurz vor Beginn der Auszeichnungsveranstaltung im Berliner Bundesverkehrsministerium.  Über mögliche Gründe könne vorerst nur spekuliert werden, dafür sei eine genaue Betrachtung der Einzelfragen notwendig. Bei aller sonst ausgesprochenen Kritik aber lobt Isbruch heute die Stadt: "Der Bürgermeister steht hinter dem Radverkehr. Das ist eine wichtige Grundvoraussetzung und  längst nicht in jeder Stadt so. Gemeinsam haben wir zur Teilnahme am Fahrradklima-Test aufgerufen, die Stadt hat unseren Vorschlag für die regionale Radroute "Ruhr-Lenne-Achter" aufgegriffen und die intensive Beteiligung der Bevölkerung bei der Planung der Lennepromenade ist beachtenswert. Es nutzen auch in Iserlohn bereits deutlich mehr Menschen auch im Alltag das Fahrrad. Die heutige Auszeichnung ist für Stadt und ADFC ein wichtiger Ansporn für die weitere Arbeit!"
Insgesamt steht die Stadt Iserlohn mit einer Gesamtnote von 3,7 in ihrer Größenkategorie mit Platz 40 von 100 im Mittelfeld, Siegerin wurde erneut die Stadt Bocholt mit einer Note von 2,0. Damit relativiert sich zwar der Iserlohner Erfolg in der Aufsteiger-Wertung etwas, aber "auch auf bescheidenem Niveau kann und muss man an der eigenen Stadt arbeiten und den Radverkehr wirksam fördern", so Isbruch.
Als relative Stärken werden von den Befragten besonders die Aspekte Diebstahlgefahr, Radverkehrswegweisung und Oberfläche der Radwege bewertet, schwach hingegen schnitt die Stadt bei "zügiges Radfahren", "alle fahren Fahrrad" und der Erreichbarkeit des Stadtzentrums ab. Bei der offenen Antwortmöglichkeit am Ende des Fragebogens wurde besonders häufig das unzusammenhängende Flickwerk von Radverkehrsführungen kritisiert, aber auch konkrete Schwachstellen benannt, die jetzt gesammelt der Stadtverwaltung mitgeteilt werden.

Rote Laterne nach Lüdenscheid

Das Ergebnis in Lüdenscheid unterscheidet sich nicht sonderlich von dem des vorangegangenen Fahrradklima-Tests 2012: Wieder wurde Lüdenscheid mit einer Note von 4,57 ein "mangelhaft plus" bescheinigt. Versetzungsgefährdung nicht ausgeglichen!
Besonders erschrocken aber waren wir beim Durchgehen der Anworten zur freien Frage 28. In den anderen Städten kamen hier üblicherweise Hinweise auf lokale Besonderheiten, besonders gefährliche Stellen in der Stadt, Lücken in der Radverkehrsinfrastruktur oder in der Ausschilderung. Für Lüdenscheid hingegen mussten wir zwei Eindrücke gewinnen: Zum einen die massive Bedeutung des Pedelecs (die diese nicht-radverkehrsgewohnte Stadt nicht nur "verschlafen" hat, sondern natürlich zweifelsohne jetzt auch vor besondere Herausforderungen stellt), zum anderen aber - und das ist das eigentlich Erschreckende - lässt sich das Klima für Rad Fahrende in Lüdenscheid vor allem mit dem Wort "vergiftet" beschreiben. Besonders häufig wurden radverkehrsfeindliche politische Äußerungen sowie Medienberichte kritisiert. Der Fahrradklima-Test hat anscheinend seine Funktion erfüllt - aufgrund dieser Antworten kann man sich in der Tat derzeit kaum eine Stadt mit schlechterem Fahrrad-Klima vorstellen. Die rote Laterne erscheint - leider - hochverdient.
Es herrscht massiver Handlungsbedarf! Nicht ohne Grund war die Teilnehmendenzahl auch dieses Mal wieder deutlich höher als in der - größeren - Stadt Iserlohn.

Jammern in Menden

Was macht man, wenn einem das Ergebnis nicht passt? Richtig, getroffene Hunde bellen. Und so stellte der Vertreter der Mendener Verkehrsplanungsabteilung in der dortigen Presse mal eben die Methodik des Fahrradklima-Tests in Frage, um vom bescheidenen Mendener Ergebnis abzulenken. Dabei sind Befragungen über subjektive Eindrücke von Nutzerinnen und Nutern nichts neues. Der ADFC Fahrradklima-Test ist DAS Kundenbarometer für die Zufriedenheit von Rad Fahrenden.
Und hier bleibt festzuhalten: Radfahrende sind in Menden höchst unzufrieden. Das liegt nicht an einem einzelnen Planer im Mendener Rathaus, sondern an fehlender Motivation in Politik und Verwaltung insgesamt. Wenn Radfahren nur als "Gedöns" für die Freizeit abgetan wird, kann sich auch nichts positiv ändern für den Radverkehr.
Die miserable Note von 4,41 (gaaaanz knapp noch ausreichend) spiegelt sich in den Antworten fast aller Fragen nieder. Weniger negativ wird z. B. die Erreichbarkeit des Stadtzentrums gesehen. Und auch aus den freien Antworten zur Frage 28 wird deutlich: Menden hätte echtes Potential. Zwischen dem 98. Platz und dem Schlusslicht Lüdenscheid liegen Welten. Ziel muss für Menden sein, beim nächsten Fahrradklima-Test in der Aufsteiger-Wertung zu brillieren. Möglich ist es.
Die gerade neu entstehende ADFC-Ortsgruppe Menden stellt die Ergebnisse und einen daraufhin erarbeiteten Forderungskatalog am Donnerstag, 16. April 2015, 19.00 Uhr im Hotel Restaurant Am Rathaus vor. Wir laden herzlich ein!
 

Uneinheitliches Ergebnis in Hemer

Überraschung auch in Hemer: Wie kann eine Stadt, die bisher nicht wirklich mir Radverkehrsförderung von sich reden machte, mit einer Bewertung von 3,77 nur knapp hinter Iserlohn liegen und in der Klasse der kleineren Städte (< 50.000 EW) mit Platz 162 von 292 im Mittelfeld mitspielen?
Der genauere Blick auf die Einzelfragen bestätigt die Vermutung: Vor allem die wichtige Frage "Fahrradförderung in letzter Zeit" hat viel rausgerissen - man merkt, wie sich die Hemeranerinnen und Hemeraner auf "ihre" Bahntrasse gefreut haben.
Die Antworten in Hemer waren darüber hinaus sehr uneinheitlich. Hier hat also eine gewisse Zahl von Teilnehmenden deutlich positiver, eine andere Gruppe merklich negativer abgestimmt. Gerade für Hemer gilt: Das muss nicht auf eine Manipulation schließen lassen. Je nachdem, ob der Frust über die mäßige Grundsituation oder die Freude über den neuen Bahntrassenradweg überwiegt, fallen die Bewertungen verständlicherweise höchst unterschiedlich aus.
Hoffen wir, dass diese Strecke für die Radverkehrsförderung in Hemer ähnlich beflügelnd wirkt, wie das vor über zwanzig Jahren der Baarbachtalradweg für Iserlohn tat.

Halver, Kierspe, Meinerzhagen und Plettenberg:

Für die Aufnahme ins Städteranking waren mindestens 50 abgegebene Bewertungen erforderlich, um statistisch ausreichende Aussagen treffen zu können. Die Städte Halver, Kierspe, Meinerzhage und Plettenberg scheiterten an dieser Hürde, bekamen jedoch jeweils mindestens 30 Bewertungen und wurden damit ebenfalls ausgewertet.
Die Städte Halver und Kierspe rangieren danach sogar noch (sehr) knapp hinter Lüdenscheid, Meinerzhagen nur minimal besser. In Plettenberg hingegen erreicht mit einer 3,35 (drei minus) eine leicht bessere Note als Iserlohn - schade, dass nicht mehr Menschen abgestimmt haben!

Die Tabelle für den Märkischen Kreis

geordnet nach der Gesamtbewertung, unabhängig von der Stadtgröße:
Platz Note
2014
Note
2012
Stadt Vergleich
2012/2014
 
--- 3,35 --- Plettenberg  
40 von 100 3,73 4,1 Iserlohn ++
162 von 292 3,77 --- Hemer  
98 von 100 4,41 --- Menden  
--- 4,44 --- Meinerzhagen o
100 von 100 4,57 4,56 Lüdenscheid  
--- 4,58 --- Halver  
--- 4,59 --- Kierspe  


Fazit

Ja, es gibt viel zu tun in märkischen Gefilden!
Besonders wichtig ist jetzt für alle Städte: Nicht entmutigen lassen!
Als wir 2012 erstmals in Iserlohn für die Teilnahme am Fahrradklima-Test warben, war uns völlig klar, dass das Ergebnis nicht besonders positiv sein wird und auch niemals in die Region Münsterländischer Kleinstädte vorstoßen kann. Wir hatten statt des ersten Ergebnisses immer auch eher das zweite im Blick: Nur wer jetzt in der Auswertung ist, kann sich verbessern und damit sogar ausgezeichnet werden. Auch wenn wir diesmal nicht im Traum mit einer Auszeichnung gerechnet haben: Es zeigt sich, dass man auch von bescheidenem Niveau aus vorwärtskommen kann (und sollte). Wichtig für unsere märkischen Städte ist insofern weniger das Haupt-Ranking, sondern insbesondere die Aufholer-Liste. Insofern wünschen wir den vier im Ranking verzeichneten Städten Hemer, Menden, Iserlohn und Lüdenscheid, dass die weitere Entwicklung zu eben einer solchen mutmachenden "Aufholer-Wertung" im nächsten Fahrradklima-Test führt!

Weiterführende Informationen

Alle Ergebnisse des Fahrradklima-Tests und übergreifende Bewertungen finden sich auf den Seiten des ADFC Bundesverbandes und des ADFC NRW.
Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club
Kreisverband Märkischer Kreis
Leckingser Straße 160
58640 Iserlohn
 
Tel.: 02371 / 77 86 109

E-Mail: info@adfc-mk.de
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