„Mobile Nachbarn”: 3 Radwerkstätten in Bergisch Gladbach jetzt im Verbund

Fahrräder sind für viele Flüchtlinge der Schlüssel zur Mobilität. Die Idee, Flüchtlinge und Bedürftige mit funktions- und verkehrssicheren Fahrrädern auszustatten und Radwerkstätten zu betreiben, wurde in der Stadt Bergisch Gladbach schon in einem Projekt in 2015 und dauerhaft ab dem Folgejahr durch die „Mobilen Nachbarn in Schildgen” in der Garage des Pfarrhauses mit großem Zuspruch umgesetzt.
In 2016 zog die Initiative „Willkommen in Paffrath/Hand“ mit einer Werkstatt in einem Doppelcontainer direkt auf dem Flüchtlingscamp am Kombibad nach und seit diesem Sommer gibt es auch eine Werkstatt in der neuen Unterkunft in Bensberg-Lückerath. Gleichzeitig wurde von den jeweiligen Ehrenamtlern der Werkstätten eine standortübergreifende Zusammenarbeit initiiert.
 Zukünftig koordinieren sich die weiterhin unabhängig und eigenständig auftretenden Initiativen unter der einheitlichen Marke „Mobile Nachbarn“ des Erzbistums Köln als „Mobile Nachbarn - Initiativen Verbund GL“.

 
 
 

Ziele:

Alle 3 Werkstätten haben gemeinsame Ziele, nämlich durch Radfahren die Mobilität von Flüchtlingen (und auch anderen Bedürftigen) zu erhöhen. Radfahren ermöglicht es ihnen, einfach, preiswert, schnell und sicher zu Behörden, Sprachkursen, Arbeitgebern, Schulen und Einkaufsmöglichkeiten zu kommen oder die Freizeit sportlich und naturnah zu gestalten.

Räder, Räder, Räder

Dazu werden preiswerte und verkehrssichere Räder benötigt. Die Ehrenamtler der Werkstätten nehmen zu diesem Zweck von der Bevölkerung gespendete Räder entgegen, nehmen die meist nötige Wartung und Instandsetzung vor und geben die Räder gegen einen geringen Betrag von 10 bis 50€ ab. Vorher werden die Räder registriert und mit „Mobile Nachbarn“ kodiert, um einem Gewinn orientierten Weiterverkauf entgegenzuwirken. Danach erhalten die Kunden einen Fahrradpass, der sie - zusammen mit der Kodierung - als berechtigte Inhaber der Räder legitimiert und die Herkunft aus der jeweiligen Werkstatt dokumentiert. Kinderräder bis 24 Zoll werden in der Regel kostenlos abgegeben, in Schildgen gibt es noch gratis einen Helm dazu.

In Paffrath gibt es sogar Lastanhänger

„Ist kaputt?“ „Ist kaputt!“

Das nächste große Arbeitsfeld sind Reparaturen: Viele Flüchtlinge habe bereits Räder, aber es gibt viel Verschleiß: Reifen, Kette, Schaltung, Pedale, Schutzbleche, Gepäckträger, Klingel, Beleuchtung usw. müssen repariert werden. Hier zeigen sich die Vorteile der Zusammen­arbeit im Initiativenverbund, da Synergien in den jeweiligen Standorten genutzt werden. So können die Schildgener mit einem hohen Bestand an guten Rädern, dem Angebot von Radfahrschulungen speziell für Frauen und Fahrradausflügen punkten, von dem auch die anderen Standorte profitieren, während die Paffrather und Lückerather den Vorteil haben, direkt auf dem Gelände der Unterkünfte arbeiten zu können und dadurch näher an den Alltagsproblemen der Bewohner zu sein und praktische Anleitungen zur Selbsthilfe zu geben. Dies eröffnet auch Möglichkeiten zur interkulturellen Begegnung und Kontakt­aufnahme. Auch die Vermittlung von technischen Zusammenhängen und damit der deutschen Sprache ist ein wichtiger Nebeneffekt des Reparaturbetriebs.

 
Das gemeinsame Logo der Verbundes

Synergien: Gemeinsam schlagkräftiger

Der Verbund erlaubt Transfer von Reparatur-Knowhow und die gegenseitige Hilfe mit teurem Sonderwerkzeug oder gebrauchten Ersatzteilen. Es können durch die Kooperation der Standorte direkt per WhatsApp oder Email Anfragen an die anderen Standorte gestellt und gelöst werden, z.B. schnelle Bereitstellung eines speziellen Ersatzteiles, Übernahme von schwierigen Reparatur wie alter Nabenschaltungen inkl. Vermittlung von Reparaturterminen, Durchführung von Fahrrad-Transporten usw.
Preise für überlassene Räder und Konditionen für Reparaturen (Arbeitszeit und gespendete/ausgeschlachtete Ersatzteile kostenlos, Einbau von Neuteilen nur mit zumutbarem Eigenanteil) werden zwischen den Standorten harmonisiert.

Helfer gesucht!

Bei den Reparaturen brauchen alle 3 Initiativen dringend weitere ehrenamtliche Helfer, die Lust am Schrauben und Frickeln haben und an Samstagen ein wenig Zeit erübrigen können. Alle 3 Werkstätten arbeiten in der Regel in den Öffnungszeiten jeweils samstags zwischen 10 und 13 Uhr und in Paffrath auch donnerstags zwischen 17 und 19 Uhr. Oft gibt es auch Bedarf, an Tagen außerhalb der Öffnungszeiten Reparaturen zu bearbeiten. Daher ist der persönliche Einsatz in der Regel sehr flexibel planbar. Wer Lust und Zeit hat, mitzumachen: Kurze Mail an schildgen@mobile-nachbarn-gl.de,  paffrath@mobile-nachbarn-gl.de oder lueckerath@mobile-nachbarn-gl.de
 
„Mobilisierte“ Grundschüler, Projekt mit der GGS Katterbach

Mobile Nachbarn auf Tour

Abgesehen von der unmittelbaren Unterstützung durch Fahrräder, ist es auch ein erklärtes Anliegen, die “Neuen Nachbarn“ mit der ihnen fremden Umgebung und Kultur vertraut zu machen. Daher werden in der Saison mit Gruppen von Flüchtlingen, zusammen mit alteingesessenen oder auch zugezogenen Bürgern, monatliche Fahrradtouren in die nähere Umgebung geplant und durchgeführt.

Radtour zum Neulandpark in Leverkusen

Gemeinsame Touren sollen dazu beitragen, persönliche Kontakte herzustellen oder zu vertiefen. Durch Besichtigungen von z.B. Museen, wie dem LVR Museum Papiermühle „Alte Dombach“ in Herrenstrunden, soll auch das kulturelle Erleben nicht zu kurz kommen. Vor allem soll aber der Spaß am Radfahren und das Erwerben von Fahrpraxis im hiesigen Straßenverkehr gefördert werden.
Die nächste Tour widmet sich dem Strunde-Radweg: Unter fachkundiger Führung durch ADFC-Tourenleiter Mathias Schwarz geht es am So. 01.10. über 30 km um 14:00 Uhr ab Schildgen (14:20 Kombibad Paffrath) an der Strunde entlang bis nach Köln und zurück.

Aller Anfang ist gar nichts so schwer …

Auch Radfahrschulungen, vor allem für Anfänger, gehören zu den bereits erfolgreich durchgeführten Projekten. Zusammen mit der von der INVIA geführten Radstation Bergisch Gladbach ergab sich die Möglichkeit, geflüchteten Frauen unter professioneller und umfangreicher Anleitung das Radfahren beizubringen, um so ihre Selbstständigkeit zu fördern und sie auf ihrem Weg der Integration auch durch gestärktes Selbstbewusstsein nachhaltig zu unterstützen.

Macht Spaß: Fahrrad-Kurs der Mobilen Nachbarn in Schildgen

Diese Maßnahme hat im September zum dritten Male für mehrere Teilnehmerinnen stattfinden können.


Die Möglichmacher

Unterstützung erhalten alle Einzelinitiativen und damit auch der neue Verbund durch lokale Kirchengemeindeverbände und Aktionen wie „Neue Nachbarn“ und „www.pfarr-rad.de“ des Erzbistums Köln sowie die Stadt Bergisch Gladbach. Der Initiativen Verbund steht im engen Kontakt und regelmäßigen Austausch mit den lokalen Stadtteil-Flüchtlingshilfen in Schildgen, Paffrath/Hand und Heidkamp.
Private Unternehmen (z.B. VESBE e.V.) und Handwerksbetriebe gehören ebenso zu den Partnern wie auch weitere gemeinnützige Institutionen und Vereine, wie die Radstation Köln/Bergisch Gladbach und der ADFC RheinBerg-Oberberg, mit denen bereits sehr erfolgreiche Kooperationen (z.B. bei der Durchführung der Radfahrschule bzw. Tourenleitungen) eingegangen wurden.
„Zugleich!“: Bau von Unterständen in Camp Paffrath
 

Projekt: Luft- und Reparaturstationen zur Selbsthilfe

Die Umsetzung der Kooperation der 3 Radwerkstätten wird durch ein erstes gemeinsames Projekt noch im laufenden Jahr manifestiert:  Es sollen an allen drei Werkstattstandorten fest installierte, robuste Luft- und Reparaturstationen für die Selbsthilfe aufgestellt werden. Diese sollen es allen Flüchtlingen und Bürgern ermöglichen, außerhalb der Öffnungszeiten einen platten Reifen aufzupumpen oder auch mit verschiedenen Tools kleinere Defekte zu beheben.

Durch diesen zusätzlichen Service wollen sich die Initiativen - vor allem am Standort Schildgen - auch für die zurückliegende fantastische Spendenbereitschaft der Bürgerschaft bedanken und über diesen Weg auch wieder etwas an die allgemeine Öffentlichkeit zurückgeben. 
 
 
Luft- und Reparaturstation zur Selbsthilfe

Wie geht es weiter?

Für das kommende Jahr 2018 ist die verlässliche Weiterführung aller heutigen Aktivitäten vorgesehen. Darüber hinaus sollen Schulungen zum Thema Verkehrssicherheit, Fahrtrainings für Fortgeschrittene sowie die verstärkte Einbeziehung von Geflüchteten in die Arbeit der Initiativen weiter Fahrt aufnehmen.
Auch ist vorgesehen, die Aktivitäten zur Unterstützung von finanziell benachteiligten Grundschulkindern (Flüchtlingskindern) zur Teilnahme am Fahrradführerschein auszuweiten.
Wer möchte bei einer der drei Werkstätten mitmachen?
 
Bernd Beckermann
Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club
Kreisverband RheinBerg-Oberberg
Oberheidkamper Str. 52
51469 Bergisch Gladbach
 
Tel.: 02202-709673
Fax: 02202-709688
E-Mail: info@adfc-berg.de
www.adfc-berg.de
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