45 Min

Vorfahrt fürs Fahrrad?

Montag, 22. August 2022, 22:00 bis 22:45 Uhr

Das Fahrrad gilt als Antwort auf Klimakrise und Verkehrskollaps, für manchen ist es gar "der König der Kurzstrecke". Auch im Norden steigen immer mehr Menschen aufs Rad. Doch mit der Zahl der Radfahrenden steigen die Unfallzahlen, auch weil veraltete Radwege dem Ansturm schon lange nicht mehr gewachsen sind.

Kann die Verkehrswende mithilfe des Fahrrads geschafft werden?

Zwar gibt es in Deutschland einen Konsens, dass Radverkehr gefördert werden soll, doch auf den meisten Straßen ist davon noch nicht viel zu sehen: Auf dem Land gibt es vielerorts überhaupt keinen Radweg. Wer die Brötchen im Nachbardorf holen muss, nimmt lieber das Auto, wenn er nicht gefährlich eng überholt werden möchte. Vorhandene Radwege sind oft in miserablem Zustand. In den Städten teilen sich Radfahrende den knappen Platz auf dem Hochbord zudem meist mit Fußgängern. Es geht eng zu, Konflikte sind programmiert.

Ein Ghost-Bike auf dem Grünstreifen des Osnabrücker Wallrings erinnert an eine Frau, die hier von einem Lkw überrollt wurde. Osnabrück ist eine der gefährlichsten Städte für Radfahrende in Norddeutschland. © NDR/Güven Purtul
Ein Ghost-Bike auf dem Grünstreifen des Osnabrücker Wallrings erinnert an eine Frau, die hier von einem Lkw überrollt wurde. Osnabrück ist eine der gefährlichsten Städte für Radfahrende in Norddeutschland.

Diesen begegnen viele Kommunen, indem sie die Radwege auf die Straße verlegen, zwischen parkende Autos und fließenden Verkehr. Als "Schutz" dienen weiße Linien. Doch auf den Radspuren halten regelmäßig Kfz, bremsen den Radverkehr aus und erzwingen Ausweichmanöver. Gefahr droht auch durch Autotüren, die plötzlich geöffnet werden. Sogenannte Dooring-Unfälle haben meist fatale Folgen. Der Nahkampf mit dem Autoverkehr stresst nicht nur Radfahrende: Wer ein- oder ausparken möchte, muss über den Radstreifen, was bei zunehmenden Radverkehr immer schwieriger wird.

Wem gehört die Straße?

Schon vor fünf Jahren setzte sich 45 Min kritisch mit dem Trend zu Radstreifen auseinander und zeigte die Probleme in norddeutschen Städten wie Osnabrück oder der selbst ernannten Fahrradstadt Hamburg. Was hat sich seitdem getan?

Inzwischen organisieren sich immer mehr Menschen in Radentscheiden, sammeln Unterschriften und setzen baulich getrennte Radwege durch, in der Hoffnung, dass noch mehr Menschen aufs Rad umsteigen. Nur mit großzügigen und geschützten Radwegen sei die Verkehrswende zu schaffen, argumentieren sie.

Geschützte Radwege für Deutschland

Viele Städte markieren Radstreifen zwischen parkenden Autos und Kfz-Spuren, wie hier in Hamburg. Doch die werden häufig von Kurzparkern blockiert. © NDR/Güven Purtul
Viele Städte markieren Radstreifen zwischen parkenden Autos und Kfz-Spuren, wie hier in Hamburg. Doch die werden häufig von Kurzparkern blockiert.

Wie soll der Verkehr in Städten, Gemeinden und Dörfern organisiert werden? NDR Reporter Güven Purtul geht dieser Frage nach. Metropolen wie London oder Paris, in denen bis vor wenigen Jahren nur die mutigsten Leute geradelt sind, bauen exklusive Radwege und lösen damit einen Fahrradboom aus.

Nun sollen auch in Deutschland geschützte Radwege entstehen. Dafür stellt der Bund eine Milliardensumme bereit. Sogar Städte wie Hamburg, die bisher auf Linienmalerei gesetzt haben, geloben Besserung. Doch wofür werden die Fördergelder eingesetzt? Kommen sie dort an, wo sie dringend gebraucht werden? 45 Min will wissen: Wird Deutschland zum gelobten Fahrradland?

Redaktionsleiter/in
Kathrin Becker
Regie
Güven Purtul
Autor/in
Güven Purtul
Redaktion
Julia Saldenholz
Produktionsleiter/in
Michael Schinschke