29.10. Pedelec Unfall an Kreuzung in Spitze
29.10. Pedelec Unfall an Kreuzung in Spitze: Welchen Anteil hat die schlechte Infrastruktur?

Am Donnerstag, 29.10.2020 um 16:50 ereignete sich ein Unfall mit Verletzung einer Pedelec-Fahrerin, den der Polizei-Bericht (https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/62459/4749218) wie folgt schildert.

„Ein 48-jähriger Leverkusener ist mit seinem Ford von der Bechener Straße nach rechts in die Wipperfürther Straße abgebogen. Dabei schaute er nach links, um den bevorrechtigten Verkehr auf der Wipperfürther Straße zu beobachten. Er übersah beim Abbiegen eine Radfahrerin, die verbotswidrig auf dem linksseitigen Gehweg entgegen seiner Fahrtrichtung unterwegs war. Beim unausweichlichen Zusammenstoß geriet die 59-jährige Pedelecfahrerin aus Kürten mit einem Fuß kurzzeitig unter einen Reifen des Pkw.“
 
 
Aus Sicht des ADFC ist die gewählte Begrifflichkeit tendenziös: Die Radfahrerin verhielt sich „verbotswidrig“ und der Zusammenstoß war für den PKW-Fahrer „unausweichlich“. Wir haben den Unfallort angeschaut:



Abb. 1: linksseitiger Radweg (blau gestrichelt) auf der Strecke von Herrenstrunden bis Spítze.

Die Kreuzung befindet sich am Ende des Geh-Radweges (rechts neben dem roten Symbol), der ab Ortsausgang Herrenstrunden (links im Bild) nördlich der L286 geführt wird und laut Schild für Radfahrer frei ist. Der Geh-Radweg weist auf dem größten Teil der Strecke einen Sicherheits-Grünstreifen zur Straße auf - er ist allerdings hochgradig sanierungsbedürftig -  ist kaum von Fußgängern frequentiert und ist für die meisten bergauffahrenden, sicherheitsbewussten Radler sehr viel attraktiver als im Mischverkehr auf kurvenreicher Fahrbahn von PKWs, LKWs und Bussen bedrängt zu werden. So ist der Radweg auch im Kartenwerk von Open Street Maps verzeichnet. Da der Status „Radverkehr frei“ bis zur Kreuzung Bechener Str. an keiner Stelle aufgehoben ist und auch keine Querungshilfe auf die rechte Seite angeboten wird, ist es u.E. nicht verbotswidrig, bis zur Abbiegespur der Kreuzung auf dem Gehweg zu radeln.
Es gibt an der spitzwinkligen und abschüssigen Abbiegespur auch keine Ampel für Fußgänger, sondern erst dahinter an der Geradeauspur der Bechener Straße. Das heißt, dass das Queren bis zur Ampel hier nicht per se unzulässig ist, aber natürlich sehr große Vorsicht erfordert.
Erschwerend kommt hier hinzu, dass der rechtsabbiegende KFZ-Verkehr sich nach links auf den schnellen aus Dürscheid kommenden, vorfahrtberechtigten KFZ-Verkehr konzentriert und die Sichtbeziehung nach rechts auf Verkehrsteilnehmer auf dem Gehweg durch viel zu hohes Buschwerk beeinträchtigt ist (s. Abb. 2).




Abbildung 2: Buschwerk verhindert Sichtbeziehung, keine Querungshilfe für Fußgänger und Radler

In anderen Fällen mit ampelfreien Rechtsabbiegespuren für den „zügigen“ KFZ-Verkehr werden üblicherweise Zebrastreifen für den Fußverkehr angelegt. Zusammen mit entsprechenden Schildern führt das in der Regel zu Aufmerksamkeitssteigerung und Geschwindigkeitsreduktion für den Abbiegeverkehr. Auch Tempo 30 innerhalb des Kreuzungsbereich muss diskutiert werden. Bei guter Infrastruktur wäre der Zusammenstoß vielleicht nicht „unausweichlich“. Hier gibt es für die Verantwortlichen Einiges zu tun!
Aber auch Radfahrer sollten sich bewusst sein, dass das Fahren auf der linken Seite, auch wenn hier nicht explizit verboten, in geschlossenen Ortschaften generell extrem gefährlich ist.  Ob es an dieser Stelle angezeigt ist, den Radverkehr auf dem Gehweg schon vorher vor der Bushaltestelle zu unterbinden und auf die rechte Seite zu zwingen, erscheint jedoch wenig zielführend. Es gibt keine Querungshilfe auf die andere Seite. Außerdem setzen die Radfahrer hier in der Regel nach der Kreuzung ihre Fahrt nach Dürscheid sinnvollerweise weiterhin nördlich des Landestraße auf dem verkehrsarmen Kapellenweg fort. Unseres Erachtens wäre aber zumindest ein Hinweis auf die Gefahrstelle, direkt vor der Kreuzung, z.B. „Radfahrer absteigen“ o.ä. sinnvoll.




Abb. 3., Geh/Radweg aus Herrenstrunden endet hier unvermittelt ohne Querungshilfe, Radfahren auf rechter Seite im Mischverkehr nur für „Mutige“ diskutabel.

Ausblick: Strategisch wichtig ist ein ganzheitlicher Blick auf den gesamten Kreuzungsbereich: Die Gemeinde Kürten hat einen Radwegewunsch von Dürscheid nach Spitze angemeldet. In der Gegenrichtung ist im Bergisch Gladbacher Mobilitätskonzept ein Radweg nach Herrenstrunden vorgesehen und die neuen Radwege von Spitze nach Herkenrath bzw. von Spitze nach Kürten-Schanze sind auf Platz 1 bzw. 3 des NRW-Radwegeprogramms an Landesstraßen.

Die Chance, den gesamten Kreuzungsbereich fahrradfreundlich zu gestalten, darf nicht verpasst werden!
Bernd Beckermann
Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club
Kreisverband RheinBerg-Oberberg
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